Vorwort des Autors
In keinem Anleitungsbuch über Bau und Betrieb von Modellbahnen
darf der Hinweis fehlen, daß eine wirklich überzeugende Bahn
nur derjenige zustande bringen wird, der sich eng am Vorbild orientiert.
So richtig dieser Satz auch für unser Thema sein mag, so wenig
hilfreich ist er in dieser Allgemeinheit beim Bau einer wirklich guten
Modellstraßenbahn: Rund sechzig Straßenbahnbetriebe gibt es
heute noch allein in Deutschland, und buchstäblich keiner ist wie
der andere: Vom engmaschigen Großstadtnetz klassischer Prägung
(Düsseldorf, Dresden, Leipzig) über U-Stadtbahnen (Hannover,
Köln), Bahnen mit zwei Spurweiten (Essen, Stuttgart), Überlandbahnen
(Bonn, Gotha, Bochum-Gelsenkirchen) bis hin zum Kleinstbetrieb mit einer
Linie (Bad Schandau, Woltersdorf, Ulm) reicht die bunte Palette dankbarer
Vorbilder.
Doch damit nicht genug der Vielfalt: Vom anspruchslosen Zweiachser bis
zum vierteiligen Niederflurgelenkzug, vom Vierachser in Doppeltraktion
bis zum Achtachser mit Großraumbeiwagen war und ist auf Straßenbahnschienen
alles unterwegs, was sich findige Betriebsleiter und Ingenieure als beste
Lösung für "ihre Stadt" haben einfallen lassen. Viele dieser
Fahrzeuge benötigen Wendeschleifen, sind also Einrichtungswagen, während
eine beachtliche Zahl von Bahnen auf den von der Eisenbahn bekannten Zweirichtungsbetrieb
setzt. Sind dann doch einmal Fahrzeuge in größeren Stückzahlen
auch in mehrere Städte geliefert worden,
unterscheiden sie sich mit Sicherheit mindestens noch in Türanordnung
und Außenlackierung, von der - für den Modellbahner weniger
wichtigen - elektrischen Ausrüstung ganz zu schweigen. Das alles -
und der Umstand, daß man Straßenbahnbetrieb sowohl auf Normal-
als auch auf Schmalspurgleisen (meist Meterspur) vorbildgerecht abwickeln
kann macht die Tram für alle
Modellbahner interessant, die auf wenig Platz ihrem Gestaltungswillen
freien Lauf lassen wollen und Vorbildtreue nicht wie eine Dienstvorschrift
auffassen. Die angedeutete Vielfalt bringt es dann auch mit sich, daß
dieses Buch nicht auf jede erdenkliche Betriebsform der Tram eingehen kann,
sondern sich darauf beschränken muß, Bau und Betrieb der "idealtypischen"
Modellstraßenbahn zu beschreiben.
Es gilt, ein stimmiges Gesamtbild zu erzielen; und so sei auf den folgenden
Seiten der Begriff der Vorbildorientierung verstanden. In diesem Sinne
hoffe ich, daß ich Ihnen mit diesem Buch einen treuen Begleiter an
die Hand geben kann, mit dem Sie Ihr Ziel - den "eigenen" Verkehrsbetrieb
- erreichen. Dann wäre mein Ziel erreicht. Ich wünsche Ihnen
viel Freude bei der "Fahrt mit der kleinen Straßenbahn" - dieses
Buch ist Ihr "Fahrschein".
Matthias Vollstedt
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